Adoptionismus ist eine christliche Häresie, die in den ersten Jahrhunderten der Kirche auftauchte und die Natur Jesu Christi betrifft. Die Grundidee des Adoptionismus ist, dass Jesus ein gewöhnlicher Mensch war, der von Gott adoptiert wurde und dadurch als „Sohn Gottes“ bezeichnet wird. Anders als die orthodoxe christliche Lehre, die lehrt, dass Jesus von ewiger Natur Gott ist und als der wahre Sohn Gottes geboren wurde, betont der Adoptionismus, dass Jesus nicht göttlich von Natur aus war, sondern dass Gott ihn zum „Sohn“ machte, indem er ihn nach seiner Geburt auf besondere Weise auswählte oder „adoptierte“.
Historischer Kontext und Entwicklung
Der Adoptionismus war eine bedeutende christliche Häresie, die besonders im 2. und 3. Jahrhundert im Römischen Reich diskutiert wurde. Einer der bekanntesten Vertreter des Adoptionismus war der spanische Theologe Theodotus von Byzantium (um 190 n. Chr.), der behauptete, dass Jesus ein gewöhnlicher Mensch war, der durch seine Lebensweise und die göttliche Salbung zu einem „adoptierten“ Sohn Gottes wurde.
Im 4. Jahrhundert war der Adoptionismus auch in einigen der arianischen Bewegungen präsent, die die göttliche Natur von Jesus in Frage stellten, wenn auch auf eine andere Weise. Arianismus und Adoptionismus sind zwar beide mit der Idee verbunden, dass Jesus nicht von Natur aus göttlich ist, aber der Adoptionismus unterscheidet sich darin, dass er Jesus als normalen Menschen beschreibt, der von Gott zu einem besonderen Status erhoben wurde.
Hauptaussagen des Adoptionismus:
• Jesus war ein normaler Mensch: Im Gegensatz zur orthodoxen Lehre, dass Jesus der ewige Sohn Gottes ist, lehren Adoptionisten, dass Jesus als Mensch geboren wurde, ohne göttliche Natur.
• Jesus wurde „adoptiert“: Adoptionisten glauben, dass Jesus durch die Taufe oder durch die besondere Salbung durch den Heiligen Geist zur „Sohnschaft“ Gottes erhoben wurde. Sie sehen die Taufe Jesu als Moment seiner göttlichen Berufung und Annahme durch Gott als seinen Sohn.
• Jesus war ein außergewöhnlicher Mensch: Er wurde aufgrund seiner außergewöhnlichen Hingabe und seiner Verbindung zu Gott ausgewählt und als göttlicher Sohn anerkannt, aber nicht in seinem Wesen Gott.
Biblische und theologische Gegenargumente
• Die orthodoxe christliche Lehre, die die vollkommene Göttlichkeit und Menschlichkeit Jesu betont (also die Hypostatische Union), widerspricht dem Adoptionismus. Diese Lehre besagt, dass Jesus von Natur aus der Sohn Gottes ist, und dass er in seiner göttlichen und menschlichen Natur untrennbar vereint ist.
• In den Evangelien wird Jesus als der „Sohn Gottes“ beschrieben, aber auch als der „Sohn des Menschen“. Die orthodoxe Auslegung dieser Begriffe ist, dass Jesus sowohl vollständig Gott als auch vollständig Mensch ist. Adoptionismus stellt diese Einheit in Frage, indem er nur von einer „Erhebung“ Jesu spricht, nachdem er Mensch geworden war.
• Im Neuen Testament finden sich zahlreiche Hinweise auf die göttliche Natur Jesu, etwa in Johannes 1:1-14, wo das Wort (Logos) als Gott beschrieben wird und „Fleisch wurde“. Ebenso in Johannes 10:30, wo Jesus sagt: „Ich und der Vater sind eins“, was die ewige Einheit von Vater und Sohn betont.
Kirchenväter und Verurteilung des Adoptionismus
Die Kirche verurteilte den Adoptionismus in mehreren kirchlichen Konzilien. Der Konzil von Nizäa (325 n. Chr.) und andere nachfolgende Konzilien betonten die göttliche Natur Christi, um Häresien wie den Adoptionismus und Arianismus zu bekämpfen.
• Athanasius von Alexandria und andere Kirchenväter verteidigten die Lehre von der vollen Göttlichkeit Christi und widersprachen dem Adoptionismus, indem sie betonten, dass der Sohn immer schon göttlich war und nicht durch eine spezielle Salbung oder Adoption zu dieser Stellung kam.
Fazit
Adoptionismus stellt die Vorstellung in Frage, dass Jesus von Natur aus der Sohn Gottes ist und legt nahe, dass er als Mensch adoptiert wurde, nachdem er auf die Erde kam. Diese Lehre wurde in der frühen Kirche als Häresie verurteilt, da sie den Kern des christlichen Glaubens, die untrennbare Vereinigung der göttlichen und menschlichen Natur in Jesus, ablehnte.