Katharismus (oder Katharer) war eine dualistische christliche Bewegung, die im 12. und 13. Jahrhundert in Südfrankreich (besonders in der Region Languedoc) sowie in Norditalien und anderen Teilen Europas aufblühte. Diese Lehre wurde von der katholischen Kirche als Häresie verurteilt und durch militärische und geistliche Maßnahmen bekämpft.
Kerngedanken des Katharismus
Dualistische Weltanschauung:
• Die Katharer glaubten, dass es zwei gegensätzliche Prinzipien gibt:
• Ein guter Gott: Schöpfer der unsichtbaren, geistigen Welt.
• Ein böser Gott (oder Satan): Schöpfer der materiellen Welt.
• Die materielle Welt, einschließlich des menschlichen Körpers, wurde als verderbt und vom bösen Prinzip geschaffen angesehen.
Ablehnung der katholischen Sakramente und Hierarchie:
• Die Katharer lehnten die Sakramente (z. B. die Taufe mit Wasser und die Eucharistie) ab, da sie als materielle Rituale betrachtet wurden, die nicht von Gott stammten.
• Sie hielten die katholische Kirche für korrupt und als Diener des bösen Prinzips.
Erlösung durch geistige Reinheit:
• Die Katharer strebten an, von der materiellen Welt befreit zu werden und in den Bereich des guten Gottes zurückzukehren.
• Dieses Ziel konnte durch ein asketisches Leben, die Ablehnung materiellen Besitzes und die Vermeidung körperlicher Vergnügungen erreicht werden.
“Consolamentum”:
• Das wichtigste Ritual der Katharer war das Consolamentum, eine geistliche Taufe durch Handauflegung, die sie als einzige Möglichkeit zur Vergebung der Sünden ansahen.
• Dieses Sakrament wurde oft kurz vor dem Tod empfangen, da es mit der Verpflichtung verbunden war, ein vollkommen reines Leben zu führen.
Gegensatz zur katholischen Lehre:
• Sie lehnten die Fleischwerdung Christi ab, da sie glaubten, dass Jesus nicht in einem materiellen Körper erschienen sein konnte.
• Sie leugneten die Auferstehung des Körpers und das Fegefeuer.
Konflikt mit der katholischen Kirche
• Verdammung als Häresie:
Der Katharismus wurde als schwerwiegende Häresie betrachtet, da er zentrale Lehren der katholischen Kirche infrage stellte, insbesondere die Fleischwerdung Christi und die Sakramente.
• Albigenserkreuzzug (1209–1229):
Papst Innozenz III. rief einen Kreuzzug gegen die Katharer (auch Albigenser genannt) aus. Dieser führte zu brutalen militärischen Kampagnen in Südfrankreich.
• Bekannte Ereignisse: Die Belagerung von Béziers, bei der Tausende getötet wurden, unabhängig von ihrer Verbindung zum Katharismus.
• Zitat des päpstlichen Legaten Arnaud Amalric: „Tötet sie alle, Gott wird die Seinen erkennen.“
• Inquisition:
Die päpstliche Inquisition wurde eingeführt, um Katharer und andere Häretiker zu identifizieren und zu bestrafen. Viele Katharer wurden hingerichtet, und ihre Schriften wurden vernichtet.
Beispiele für ihre Lehren und Widerlegungen
Leugnung der Fleischwerdung Christi:
• Katharische Lehre: Christus hatte keinen materiellen Körper; er erschien nur in einer geistigen Form.
• Widerlegung durch die Kirche: Johannes 1,14: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.“ Die Kirche betonte die wahre Menschwerdung Christi.
Dualismus:
• Katharische Lehre: Die materielle Welt sei böse und von einem bösen Gott geschaffen.
• Widerlegung: Genesis 1,31: „Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ Die Schöpfung wird in der Bibel als gut beschrieben.
Bedeutung und Niedergang
• Kultureller Einfluss:
Trotz der Verfolgung hinterließen die Katharer Spuren in der Kultur Südfrankreichs, insbesondere in der Troubadour-Dichtung und der regionalen Identität.
• Ende der Bewegung:
Der Katharismus wurde im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts durch militärische und kirchliche Maßnahmen nahezu vollständig ausgerottet. Die Festung Montségur, ein wichtiger Rückzugsort der Katharer, fiel 1244, und viele Katharer wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Fazit
Der Katharismus war eine radikale Herausforderung für die katholische Kirche, da er die grundlegenden christlichen Lehren über die Schöpfung, die Sakramente und die Inkarnation Jesu ablehnte. Der Kampf gegen diese Bewegung führte zur Konsolidierung der kirchlichen Macht und hinterließ bleibende Spuren in der Geschichte der mittelalterlichen Kirche.