Antinomianismus

Autor Andrea Di Mari (Super Administrator)

Updated at December 7th, 2024

Antinomianismus ist eine theologische Häresie, die behauptet, dass Christen durch den Glauben an Jesus Christus nicht mehr an das moralische Gesetz gebunden sind. Der Begriff stammt aus dem Griechischen: anti (gegen) und nomos (Gesetz), was „gegen das Gesetz“ bedeutet. Diese Lehre steht im Gegensatz zur orthodoxen christlichen Auffassung, dass der Glaube an Christus die moralische Verantwortung nicht aufhebt, sondern erfüllt.

Kerngedanken des Antinomianismus:

1. Ablehnung des Gesetzes: Antinomianisten glauben, dass die moralischen Gebote des Alten Testaments und manchmal auch des Neuen Testaments für Christen irrelevant sind, da sie allein durch Gnade erlöst werden.

2. Radikale Betonung der Gnade: Sie argumentieren, dass die Gnade Gottes so umfassend ist, dass moralisches Verhalten oder das Einhalten von Geboten für die Erlösung keine Rolle spielt.

3. Freiheit vom Gesetz: Sie interpretieren die Freiheit, die der Glaube an Christus schenkt, als Freiheit von jeglichen moralischen und ethischen Verpflichtungen.

Historische Entwicklung

Der Antinomianismus trat erstmals in der frühen Kirche auf und wurde von Aposteln wie Paulus und Johannes bereits angesprochen. In Römer 6:1-2 sagt Paulus:

“Was wollen wir nun sagen? Sollen wir in der Sünde verharren, damit die Gnade zunehme? Auf keinen Fall!”

Später tauchte der Antinomianismus in verschiedenen Bewegungen wieder auf:

• Frühe Kirche: Einige Gruppen der Gnosis (z. B. die Karpokratianer) propagierten, dass moralische Gesetze irrelevant seien, da sie nur für das physische Leben und nicht für das spirituelle Leben gelten.

• Reformation: Während der Reformationszeit wurde der Antinomianismus als Reaktion auf die Betonung von Werken im katholischen Glauben populär. Johannes Agricola, ein Zeitgenosse Luthers, wurde als Vertreter dieser Ansicht bekannt. Luther selbst verurteilte den Antinomianismus scharf.

Biblische und theologische Widerlegungen

1. Erfüllung des Gesetzes durch Christus:

Jesus betonte, dass er das Gesetz nicht abschaffen, sondern erfüllen wollte (Matthäus 5:17-19). Das zeigt, dass das Gesetz in Christus seine wahre Bedeutung findet, aber nicht aufgehoben ist.

2. Moralische Verantwortung der Gläubigen:

Paulus lehrte, dass der Glaube nicht die moralische Verantwortung aufhebt. In Römer 3:31 sagt er:

„Heben wir nun das Gesetz auf durch den Glauben? Auf keinen Fall! Vielmehr bestätigen wir das Gesetz.“

3. Gnade und Werke im Einklang:

Jakobus 2:17 betont:

„So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke hat.“

Diese Aussage widerspricht der antinomianischen Ansicht, dass moralisches Verhalten keine Rolle spielt.

Kirchenväter und Ablehnung des Antinomianismus

• Augustinus von Hippo: Augustinus betonte, dass die Gnade Gottes notwendig ist, um das Gesetz zu erfüllen, aber sie hebt die Notwendigkeit eines rechtschaffenen Lebens nicht auf.

• Irenäus von Lyon: Er widerlegte gnostische Gruppen, die antinomianische Ideen vertraten, indem er die Einheit von Glaube und moralischem Leben verteidigte.

Beispiele für antinomianisches Verhalten

• Einige antinomianische Gruppen in der frühen Kirche behaupteten, dass Sünde keine Auswirkungen auf das spirituelle Leben habe, und gaben sich moralisch freizügigem Verhalten hin.

• In der Reformationszeit argumentierten einige, dass das Gesetz des Mose vollständig abgeschafft sei und Christen daher keinerlei moralischen Verpflichtungen unterliegen.

Fazit

Antinomianismus ist eine Häresie, die die Bedeutung des moralischen Gesetzes leugnet, indem sie die Gnade Gottes überbetont und die Verantwortung zur Nachfolge Christi vernachlässigt. Sie widerspricht der biblischen Lehre, dass Gnade und moralisches Leben in Christus untrennbar verbunden sind. Die Kirche hat diese Lehre zu verschiedenen Zeiten verurteilt, da sie die Heiligkeit Gottes und die ethische Verantwortung des Gläubigen untergräbt.